Danke, Internet!
Als wir 2011 das Dorf Selbo im Norden burkina Fasos besucht haben, bot uns die dortige Schule ein trauriges, für Burkina Faso leider typisches Bild. Die ca. 180 Schülerinnen und Schüler lernten in einer Umgebung, die man aus europäischer Perspektive nur mit gutem Willen als Schule bezeichnen kann. Es waren wesentlich mehr Schulkinder dort, als in die wenigen Klassenräume passen würden. Also wurde der Unterricht teilweise nach draußen, unter improvisierte Sonnendächer verlagert. Die vorhandenen Gebäude der Schule bieteten allerdings nicht viel mehr Schutz als die Sonnendächer. Im Dach der Schule klaffte ein großes Loch.
Die 1800 Einwohner von Selbo haben gelernt, aus dem Wenigen was sie haben das Beste zu machen. Improvisieren war auch an der Schule in Selbo an der Tagesordnung. Aber es werde besser, wurde uns versichert. Die Lehrer und die Eltern der Kinder waren engagiert und haben am ersten Tag nach unserem ersten Vorbesuch bereits einen Antrag für eine Solaranlage bei uns eingereicht. Im Antrag stand, dass ein neues Schulgebäude in Planung ist, und die Anlage dann auf dem neuen Gebäude installiert werden kann. Tatsächlich hatten die Bewohner von Selbo sich bereits seit längerer Zeit für ein neues Schulgebäude engagiert. Unser Eintreffen war also ein Glück für die Schule, da wir die neuen Klassenräume gleich mit elektrischem Licht ausstatten könnten. Aufgrund des außergewöhnlichen Engagements der Schule und des Dorfes wollten wir Selbo unbedingt unterstützen. Wir hatten innerhalb eines Jahres einen Spender für die Schule gefunden.
In Burkina Faso sollte man sich nicht darauf verlassen, dass Projekte - insbesondere Bauprojekte - so laufen wie sie geplant waren. Diesmal war es leider anders. Die neuen Klassenzimmer wurden gebaut. Wir (SEWA) konnten unser Versprechen, die Schule mit einer Solaranlage auszustatten, nicht einhalten. Das Unternehmen, das uns die Spende schon fest zugesagt hatte, ist in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, und konnte die nötigen Mittel nicht aufbringen.
Um das Projekt nicht sterben zu lassen, haben wir uns nach der Absage des Spender-Unternehmens dazu entschlossen, die Spendenportale im Internet auszuprobieren. Betterplace bietet hierfür eine exzellente Plattform und auch die nötigen Werkzeuge um Formulare direkt in unsere Internetseite einzubinden. Wir hatten noch nicht viel Erfahrung damit gemacht, Spenden im Internet zu sammeln. Und dennoch: langsam aber sicher kamen mehr und mehr Spenden zwischen 10€ und 1000€ zusammen, von insgesamt 14 teilweise anonymen Spendern.
Nach einem weiteren Vorbesuch im Februar konnten wir schließlich Nägel mit Köpfen machen. Unsere Techniker sind am Abend des 18. März angereist, und haben früh morgens am nächsten Tag mit den Arbeiten begonnen. Zwei 75 Watt SolarWorld Paneele wurden auf dem Dach fest geschweißt. Vor dort aus wurden spezielle Gleichstromkabel verlegt, die die PV-Paneele, Laderegler, Batterien, Lichtschalter und schließlich die Lampen mit Strom versorgen.
Es hat den ganzen Tag gedauert, bis die Anlage installiert war und die Lichtschalter in zwei der neuen Klassenzimmer das erste mal gedrückt werden konnten. Die Lehrer und Elternvertreter, die schon vorher mit Interesse das Geschehen verfolgt hatten, wurden von uns noch einmal für die Benutzung und Pflege der Anlage geschult. Die wichtigsten Regeln und Kontaktinformationen werden bei jeder Installation auf einer großen Tafel fest an die Wand geschraubt.
Am Abend des 19. März 2014 hatte die Schule in Selbo etwas bekommen, was für Schulen in vielen anderen Teilen der Welt die völlige Normalität ist: Lichtschalter, die man nach Bedarf drücken kann. Die Anlage liefert völlig kostenfrei bis zu 6 Stunden Licht pro Tag. Die Klassenräume können nun auch genutzt werden, wenn wegen starken Sandwinden die Fensterläden zugeklappt werden müssen. Abends können sich die Lehrer nun in der Schule auf den Unterricht vorbereiten oder fortbilden, statt vor einer schwachen Petroleumlampe zu sitzen. An vielen solar beleuchteten Schulen bieten die Lehrer abends auch Alphabetisierungskurse für die erwachsene Dorfbevölkerung an. Die Schülerinnen und Schüler kommen abends noch einmal in die Schule, weil sie zu hause kein Licht zum Lesen haben.
In den nächsten zwei Jahren werden wir noch mindestens drei mal in Selbo vorbei schauen. Bei den Besuchen kontrollieren wir den technischen Stand der Anlage, und ob sie auch korrekt gewartet wird. Außerdem versuchen wir festzuhalten, was sich durch die Installation im Dorf geändert hat. Die meisten Faktoren lassen sich nicht einfach in Zahlen ausdrücken, aber einer der Faktoren die wir messen können ist die Entwicklung der Abschlussquote - also wie viel Prozent der Schüler ihre Abschlussprüfung bestehen. Unserer Erfahrung nach (bisher 63 elektrifizierte Schulen) ist bis 2016 ein Anstieg von 20-40% nicht ungewöhnlich.
Improvisation ist an der Schule in Selbo wahrscheinlich weiterhin an der Tagesordnung. In Burkina gibt es immer zu wenig Schulbänke und Bücher. Durch das Engagement der Bevölkerung sind aber in den letzten Jahren neue Gebäude entstanden und eine Solarlichtanlage installiert worden. Die Schule kann sich jetzt sehen lassen und bietet eine gute Umgebung für die mehr als 200 Schüler, 6 Lehrer und hoffentlich zahlreiche Erwachsene die lesen und schreiben lernen wollen.
Übrigens: es gibt auch weiterhin die Möglichkeit SEWA über betterplace.org zu unterstützen! Hier können Sie einer Krankenstation zu einer Solaranlage verhelfen!